Ist man als Unternehmer auf der Suche nach einem Partner, hat man natürlich individuelle Vorstellungen und Erwartungen. Gleichzeitig ist es sinnvoll, sich mit der Perspektive eines möglichen Partners zu beschäftigen. Denn zu wissen was Investoren antreibt und worauf Beteiligungsgesellschaften besonderen Wert legen, kann entscheidend weiterhelfen: sowohl in der eigenen Entscheidungsfindung als auch in der Vorbereitung.

Attraktiver Markt

Ein zentrales Kriterium für Investoren ist das Marktumfeld, in dem sich ein Unternehmen bewegt. Ist von der Marktseite Rückenwind zu erwarten, macht es die Unternehmen in dieser Branche deutlich attraktiver und das Interesse nimmt entsprechend zu. Es gibt zahlreiche Faktoren zur Einschätzung der Attraktivität eines Marktes, für Beteiligungsgesellschaften sind unter anderem die folgenden Kriterien relevant:

  • Marktgröße: nicht automatisch sind in einem größeren Markt höhere Chancen zu erwarten. Ein gewisses Volumen sollte der Markt aber aufweisen, denn zu enge Nischen bieten nur eingeschränktes Wachstumspotenzial und werden von Investoren tendenziell gemieden.
  • Marktwachstum: in der Regel der wichtigste Faktor einer Marktanalyse. Besonders überzeugend sind dabei Megatrends, die nachvollziehbar eine verstärkte Nachfrage sicherstellen. Denn ist in den nächsten Jahren strukturell weiteres Wachstum zu erwarten, bietet dies für die Marktteilnehmer nicht nur zusätzliche Umsatzmöglichkeiten. Sondern auch Margenpotenzial, da Wachstum dann nicht mit der oft kostspieligen Gewinnung von Marktanteilen einhergehen muss.
  • Wettbewerbsintensität: hierzu zählt die Einschätzung, ob es sich um einen fragmentierten oder konzentrierten Markt handelt. Gibt es viele kleine Wettbewerber, ist der Preis- und Innovationsdruck in der Regel nicht so hoch. Aus Investorensicht kommt dann noch hinzu, dass fragmentierte Märkte ein höheres Potenzial durch anorganisches Wachstum, also durch Zukäufe von kleineren Wettbewerbern, aufweisen. Hilfreich ist zudem ein Blick auf die Professionalität der Marktteilnehmer – große, finanzstarke Wettbewerber können die Attraktivität eines Marktes reduzieren, indem sie beispielsweise eine aggressive Preispolitik betreiben oder den Zugang durch bestehende Distributionsstrukturen erschweren.
  • Regulierungen: Regulative Marktfaktoren können positiv oder negativ sein: sie können in bestimmten Szenarien einen Markt vor weiterer Konkurrenz schützen oder Preise stabil halten. Oftmals werden Regulierungen oder andere politische Einflüsse von Investoren aber kritisch gesehen – denn vielfach limitieren sie das Wachstums- und Margenpotenzial. Das gilt besonders für internationale Investoren, die Besonderheiten von regionalen Märkten nur eingeschränkt kennen.
  • Substitutionsrisiken: Hier geht es um einen Blick in die Zukunft: ist die Branche auch mittel- und langfristig wettbewerbsfähig aufgestellt? Oder droht Konkurrenz durch neue Technologien, einer fortschreitenden Digitalisierung oder allgemeinen Megatrends? Ein prominentes Beispiel ist die Digitalisierung, die mit innovativen Technologien selbst lange Zeit stabile Anwendungen wie z.B. medizinische Eingriffe revolutionieren kann – und gleichzeitig Chancen öffnet für neue Marktteilnehmer.

Klare Alleinstellungsmerkmale

Für Investoren ist es wichtig, dass Unternehmen über Alleinstellungsmerkmale verfügen, welche die Firmen insbesondere in einem schwierigen Marktumfeld vor negativen Entwicklungen schützen. Diese Alleinstellungsmerkmale, auch USPs genannt, sind vielfältig und stark abhängig von der jeweiligen Branche. Weit verbreitete Überlegungen von Investoren sind:

  • Innovationskraft: ist ein Unternehmen in der Lage, durch neuartige Produkte einen Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb, und damit einen Preisvorteil, zu sichern? Gibt es eine erfolgreiche F&E Abteilung, die in der Lage ist, flexibel auf Markt- und Nachfrageveränderungen zu reagieren? Ist die Unternehmensstruktur auf Innovationen ausgelegt, indem zum Beispiel Mitarbeiterideen aktiv gefördert werden?
  • Patente und Zertifizierungen: können neue Produkte und Prozesse längerfristig gegen die Konkurrenz durch Schutzrechte und Patente abgesichert werden? Verfügt man über Zertifizierungen, die vom Wettbewerb nur mit erheblichem Zeitaufwand und Detailwissen erreicht werden können?
  • Enge Kundenbeziehungen: ist eine Firma in der Lage, auf der Kundenseite Abhängigkeiten zu erzeugen, weil man beispielsweise als Entwicklungspartner nur schwer zu ersetzen ist, oder durch geographische Nähe schneller und zuverlässiger liefern kann? Kann man Kunden gegenüber als Systempartner auftreten, anstatt nur einzelne, austauschbare Komponenten zu liefern?
  • Starke Marke: nicht nur im B2C Segment ist eine etablierte Marke ein Vorteil – sie transportiert Kompetenz und Verlässlichkeit, erleichtert weiteres Wachstum, und wirkt nicht zuletzt attraktiv auf bestehende und neue Mitarbeiter.
  • Produkt- und Servicequalität: für viele mittelständische Unternehmen das ursprüngliche Erfolgsgeheimnis. Verlässliche Produkte, Liefertreue, und kompetente Dienstleistungen bleiben ein zentrales Thema für den Unternehmenserfolg – und natürlich auch für Investoren ein wichtiger Punkt.

Konkrete Zahlen

Ambitionierte Ziele werden von Investoren gerne gesehen. Entscheidend sind bei der Prüfung eines Unternehmens aber harte Fakten. Dazu zählen Finanzkennzahlen, beispielsweise das historische Umsatzwachstum, die historische Profitabilität, die Investitionsintensität und die Entwicklung des Auftragsbestands. Genauso zählen operative Kennzahlen (KPIs) zu den Bereichen, die von Investoren kritisch geprüft werden. Das beinhaltet von der Mitarbeiterstruktur und dem Krankenstand über Ausschussquoten bis zur Neukundengewinnung und der Anzahl neuer Produkte pro Jahr eine ganze Reihe von Kennzahlen, die konkret mess- und vergleichbar sind. In einem fortgesetzten Stadium der Gespräche ist auch das sogenannte Current Trading wichtig, also die aktuelle Entwicklung der Unternehmensleistung im laufenden Geschäftsjahr.

Positive Unternehmenskultur

Auch wenn dieses Kriterium objektiv nur eingeschränkt zu greifen ist – eine positive Unternehmenskultur ist häufig ein Indikator für ein intaktes, entwicklungsfähiges Unternehmen bei gleichzeitig geringen Risiken. Welche Indikatoren nutzen Beteiligungsgesellschaften, um die Unternehmenskultur einzuschätzen? Neben persönlichen Gesprächen mit Mitarbeitern aus unterschiedlichen Hierarchien blicken Investoren u.a. auf historische Fluktuationsdaten, den Krankenstand, sowie die Prozesse und Abläufe zur Mitarbeitereinbindung in verschiedenen Bereichen wie Arbeitssicherheit und dem internen Vorschlagswesen. Eine zunehmende Rolle spielt bei der Einschätzung der Unternehmenskultur auch das Feedback in sozialen Medien und frequentierten Karriereseiten im Internet. Erfahrene HR-Experten können hiermit eine Vielzahl an aufschlussreichen Informationen herausfiltern.