Wenn Anteile an einem Unternehmen veräußert werden sollen, stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem Wert der Gesellschaft. Selbstverständlich hat jeder Unternehmer eine klare Vorstellung bezüglich des fairen Werts seines Unternehmens, hat man doch viel Herzblut und Hingabe in das eigene Unternehmen gesteckt. Oft wird erwartet, dass der Kaufpreis mindestens dem Eigenkapital entspricht, und etwaige stille Reserven sollen natürlich ebenfalls berücksichtigt werden. Doch am Ende des Tages geht es um den Preis, den man bei einer Veräußerung realisieren kann. Dazu ist es wichtig, die Herangehensweise einer Beteiligungsgesellschaft zu verstehen: wie bewertet eine externe Partei das Unternehmen, und welche Bewertungsmethoden kommen dabei häufig zur Anwendung? Dieser Beitrag stellt die gängigsten Bewertungsmethoden und ihre Relevanz in der Praxis vor.

Im Wesentlichen gibt es drei verschiedene Bewertungsansätze, die in der Praxis regelmäßig genutzt werden: Einzelwertverfahren, Gesamtwertverfahren, und Multiplikatoren. Für jede dieser Bewertungsmethoden gibt es unterschiedliche Ausgestaltungen. Daneben gibt es noch weitere Bewertungsansätze wie z.B. die Bewertung mittels Optionen oder Dividendenmodelle, die in der Praxis allerdings deutlich seltener zum Einsatz kommen und nur in speziellen Situationen angewandt werden.

Einzelwertverfahren

Zu den Einzelwertverfahren gehören insbesondere das Substanzwert- sowie das Liquidationsverfahren. Das Augenmerk liegt bei diesen Methoden auf dem Marktwert der vorhandenen Vermögensgegenständen abzüglich etwaiger Verbindlichkeiten. Zu den Vermögensgegenständen können neben Grundstücken, Gebäuden und Maschinen auch immaterielle Werte wie Kundenlisten oder Markenwerte zählen. Beim Substanzwert steht die Überlegung im Vordergrund, welcher Wert bei der Wiederbeschaffung aller Vermögensgegenstände des Unternehmens zu Marktpreisen aufzuwenden wäre. Bei der Ermittlung des Liquidationswerts werden die fiktiven Wertzuflüsse ermittelt, die bei einem Verkauf aller Vermögensgegenstände zu aktuellen Marktpreisen zu realisieren wären.

Die Ertragskraft eines Unternehmens, also erwartete zukünftige Gewinne werden bei diesen Betrachtungen nicht berücksichtigt, so dass die Ergebnisse der Einzelwertverfahren insbesondere bei profitablen oder wachsenden Unternehmen regelmäßig zu niedrig ausfallen. Deshalb kommen diese Bewertungsmethoden insbesondere bei Banken zur Anwendung, die im Rahmen ihrer Bilanzanalysen eine „Wertuntergrenze“ auf Basis von verfügbaren Abschlüssen ermitteln können. Ansonsten spielen die Einzelwertverfahren in der Praxis keine große Rolle, da sich Investoren auf die Fortführung von Unternehmen und somit die zukünftig zu erwartenden Erträgen fokussieren.

Gesamtwertverfahren

Anders als bei den Einzelwertverfahren stehen bei Gesamtwertverfahren die zukünftigen Erträge (Ertragswertverfahren) bzw. zukünftigen Zuflüsse (Discounted Cash Flow Verfahren) im Fokus.

Zur Ermittlung eines angemessenen Wertes wird auf Basis von historischen Jahresabschlüssen eine Planung für die nächsten 3-5 Jahre ermittelt. Beim Discounted Cash Flow Verfahren (DCF) wird dabei auf den freien Cash Flow abgestellt, das heißt ausgehend vom jährlichen operativen Ergebnis werden Steuerzahlungen, bilanzwirksame Investitionen sowie Veränderungen im Umlaufvermögen berücksichtigt.

Die so ermittelten freien Cash-Flows der Planjahre werden summiert und mit einem risikoadäquaten Zinssatz auf den jeweiligen Barwert abgezinst. Dieser Zinssatz (im angelsächsischen Raum WACC genannt) stellt einen gewichteten Risikozinssatz unter Einbeziehung der gesamten Kapitalstruktur dar. Der Zinssatz orientiert sich an den aktuellen Konditionen an den Kapitalmärkten und berücksichtigt zudem die jeweilige Industrie. Stabile Branchen wie beispielsweise Versorger oder Medizintechnik-Unternehmen werden mit moderaten Zinssätze abgezinst, während volatile Branchen mit einem Aufschlag versehen werden.

Da von einer langfristigen Fortführung der Unternehmen ausgegangen wird, kommt über die Planungsperiode hinaus noch ein sogenannter Terminalwert zum Einsatz, indem ein Ertragswert bzw. Cash-Flow Wert über den festgelegten Prognosezeitraum hinaus kapitalisiert wird.

Diese Methode ergibt grundsätzlich nachvollziehbare und mathematisch genaue Ergebnisse. Der errechnete Unternehmenswert ist nicht nur von den zugrundeliegenden Prognosen im Business Plan und den Wachstumsannahmen zur Berechnung des Terminalwerts abhängig, sondern hängt auch erheblich vom verwendeten Risikozinssatz ab. Insbesondere in einem Niedrigzinsumfeld leiten sich aus den entsprechenden Zinssätzen häufig hohe Bewertungsergebnisse ab. Bei wachstumsstarken Unternehmen spielt der risikoadäquate Zinssatz eine besonders große Rolle, da ein erheblicher Teil der Erträge in der ferneren Zukunft liegt und damit besonders stark von der Abzinsung betroffen ist.

Ein Nachteil der Gesamtwertverfahren ist, dass die Berechnung aufwendig ist und für die Erstellung der Planung umfangreiche Informationen über das Unternehmen vorliegen müssen.

Da die Gesamtwertverfahren das Potenzial eines Unternehmens abbilden, sind diese Methoden weit verbreitet und werden auch von Beteiligungsgesellschaften genutzt, die Anteile an mittelständischen Unternehmen erwerben. Gesamtwertverfahren werden zudem von Analysten standardmäßig eingesetzt, um Kursziele von börsennotierten Unternehmen abzuleiten.

Innerhalb der Gesamtwertverfahren hat sich bei Investoren und Beteiligungsunternehmen die DCF-Methode durchgesetzt, da alle Cash-relevanten Vorgänge abgebildet werden und somit Kapitalbedarf und Finanzierungsstruktur klar bestimmt werden können.

Der bei Rechtstreitigkeiten und der Ermittlung von Abfindungen und Entschädigungen vielfach verwendete Unternehmensbewertungsstandard IDW S1 beruht ebenfalls auf einem Gesamtwertverfahren, hier kommt allerdings die klassische Ertragswert-Methode zur Anwendung.

Multiplikatoren

Multiplikatoren sind die einfachste und schnellste Methode, um einen Unternehmenswert zu ermitteln. Man orientiert sich dabei an Marktpreisen von vergleichbaren Unternehmen. Die Ermittlung des Unternehmenswerts erfolgt durch die Multiplikation einer definierten Betriebskennzahl mit einem Multiplikator. Zu den üblichen Betriebskennzahlen zählen Umsatz, EBITDA, EBIT sowie der Jahresüberschuss. In der Praxis sind zwei unterschiedliche Methoden üblich:

Bewertung anhand von börsennotierten Unternehmen
Wenn man davon ausgeht, dass die Marktteilnehmer an den Börsen Unternehmen effizient bepreisen, ist das Bewertungsniveau von börsennotierten Firmen ein guter Anhaltspunkt für den Wert des eigenen Unternehmens. Wichtig ist, dass die gelisteten Referenzunternehmen möglichst gut vergleichbar sind, also eine ähnliche Marktposition, identische Produkte oder Dienstleistungen, vergleichbare Kundenstrukturen, und eine ähnliche regionale Präsenz aufweisen. In aller Regel sind die börsennotierten Unternehmen breiter aufgestellt und wesentlich größer, so dass zumindest im mittelständischen Bereich auf die ermittelten Bewertungszahlen ein Größenabschlag vorgenommen wird, dieser beträgt typischerweise 15-30%.

Bewertung mittels vergleichbarer Transaktionen
Ein sehr guter Orientierungspunkt für das Wertpotenzial des eigenen Unternehmens sind die tatsächlich erzielten Verkaufspreise, die bei der Veräußerung von ähnlichen Unternehmen bezahlt wurden. Da hinter dem Erwerb eines Unternehmens immer eine strategische Überlegung steht, kann man davon ausgehen, dass tatsächliche Verkaufspreise das zukünftige Potenzial genauso berücksichtigen wie mögliche Synergien sowie die bei der Übernahme eines Mehrheitsanteile fällige Kontrollprämie. Da es sich bei dem überwiegenden Teil der Unternehmensverkäufe um private Transaktionen handelt, sind finanzielle Details meist nicht öffentlich zugänglich. Dennoch gibt es zahlreiche Quellen für Referenzmultiplikatoren, wie Finanzpublikationen und die Industrie- und Handelskammern. Eine weit verbreitete Quelle sind die regelmäßig aktualisierten Tabellen der Deutschen Unternehmerbörse (DuB). In der Regel werden Bandbreiten veröffentlich, die je nach Branche sehr unterschiedlich ausfallen können. Auch spielt die Größe des eigenen Unternehmens eine wichtige Rolle: je größer der eigene Umsatz oder Ertrag, desto höher die anwendbaren Multiplikatoren. Oft wird zwischen Micro-Cap (< 20 Mio. Euro Umsatz), Small-Cap (< 50 Mio. Euro Umsatz) und Mid-Cap unterschieden. Zudem spielen die Wachstumsperspektiven eine große Rolle, üblicherweise wird stark wachsenden Unternehmen ein deutlich höherer Multiplikator zugeschrieben.

Wichtig ist bei der Multiplikatorenmethode, die jeweiligen Kennzahlen mit den korrespondierenden Unternehmenswerten in Relation zu bringen. Werden betriebliche Kennzahlen herangezogen, die sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalgebern zustehen, ergibt sich aus der Multiplikation der Gesamtunternehmenswert, auch Enterprise Value genannt. Hiervon müssen zur Ermittlung des Eigenkapitalwerts die Fremdverbindlichkeiten abgezogen werden. Die am häufigsten benutzten Kennzahlen für den Gesamtunternehmenswertansatz sind Umsatz, EBITDA und EBIT.

Werden betriebliche Kennzahlen genutzt, die ausschließlich den Eigenkapitalgebern zugeordnet werden, dazu zählt insbesondere das Jahresergebnis, ergibt sich aus der Anwendung des Multiplikators direkt der Eigenkapitalwert. Diese Methode wird bei der Analyse von Aktien häufig verwendet und der entsprechende Multiplikator ist unter dem Begriff Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bekannt. Der größte Vorteil von Multiplikatoren ist, dass man schnell und leicht verständlich eine Indikation für den Wert des eigenen Unternehmens erhält. Diese Indikation ist zudem praxisnah und auch externe Parteien gut anwendbar, da kein umfangreiches internes Unternehmenswissen notwendig ist.

Die Nachteile liegen naturgemäß in der meist nur eingeschränkten Vergleichbarkeit von anderen Unternehmen und in der limitierten Verfügbarkeit von belastbaren Multiplikatoren. Zudem sind Daten aus historischen Transaktionen, abhängig von der allgemeinen Marktdynamik, schnell veraltet und können somit ein falsches Bewertungsniveau widerspiegeln. Und natürlich müssen sich bei Verkaufsgesprächen beide Partner auf die anwendbare Methode und den zugrunde liegenden Multiplikator einigen.

In der Praxis ist diese Methode dennoch sehr weit verbreitet, und dient bei professionellen Investoren als das bevorzugte Mittel zur Plausibilisierung von Unternehmensbewertungen mittels der DCF-Methode.