Ist die familieninterne Weitergabe des Unternehmens keine Option, kann es sinnvoll sein, motivierte und kompetente Mitarbeiter zu Mitunternehmern zu machen und ihnen im Rahmen einer Nachfolgeregelung perspektivisch Anteile am Unternehmen zu übertragen. In diesem Zusammenhang werden häufig die Begriffe Management Buy-Out (MBO) und Management Buy-in (MBI) genannt:

Management Buy-out (MBO)

Beim Management Buy-out verkauft der Inhaber das Unternehmen an bereits im Unternehmen tätige Geschäftsführer oder leitende Angestellte. Die Anteile des bisherigen Eigentümers werden hierfür teilweise oder gesamthaft an die bestehende Geschäftsführung oder führende Mitarbeitende übertragen. In der Praxis wird dieser Prozess häufig von einer Beteiligungsgesellschaft oder einem externen Investor begleitet, da Angestellte die Finanzierung des Kaufpreises in der Regel nicht allein tragen können.

Vorteile

  • Transparenz: Der Inhaber kennt den potenziellen Nachfolger aus der gemeinsamen Zusammenarbeit und kann somit die Stärken und Schwächen, sowie die allgemeine Eignung zum Unternehmer gut beurteilen. Dazu gehört neben Kompetenz, Erfahrung und Führungsstärke auch die Kompatibilität zur Unternehmenskultur. Das Risiko eines Fehlgriffs wird damit deutlich reduziert.
  • Schnelle Übergabe: Die Einarbeitungszeit fällt normalerweise erheblich kürzer aus, da der interne Nachfolger die Firma bereits kennt. Er ist mit dem Markt, dem Geschäftsmodell, den Prozessen und Strukturen, den Mitarbeitern, sowie den Stakeholdern bestens vertraut. Das wiederum beschleunigt die Übergabe, da viele Lernprozesse entfallen und eine Eingewöhnungszeit, wie bei externen Kandidaten üblich, nicht notwendig ist.
  • Vertrauen: Da man sich seit längerer Zeit kennt, besteht üblicherweise bereits großes Vertrauen von Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten in den internen Nachfolger – die übliche Skepsis bei einem unbekannten, externen Kandidaten entfällt damit. Im Gegenteil, das Vertrauen in einen internen Kandidaten kann die Motivation der gesamten Belegschaft fördern.
  • Diskretion: Die Verkaufsgespräche werden mit führenden Mitarbeitern geführt, die im Rahmen ihrer operativen Tätigkeit bereits erhebliche Einblicke in vertrauliche Details besitzen. Das Risiko einer Offenlegung von Unternehmensinterna an Externe wird damit erheblich reduziert.

Nachteile

  • Emotionalität und Hierarchie: Aufgrund der persönlichen Beziehung zwischen bisherigem Eigentümer und internem Nachfolger können Verhandlungen möglicherweise nicht mit der gleichen Professionalität und Konsequenz geführt werden. Wichtige Diskussionen, z.B. bezüglich finanzieller Konditionen werden oftmals verdrängt, oder nicht in ausreichendem Umfang verhandelt und geregelt. Gleichzeitig kann der zum Zeitpunkt der Verhandlungen noch bestehende Unterschied in der Hierarchie die Verkaufsgespräche erschweren, da der potenzielle Nachfolger auch im Falle eines Scheiterns der Gespräche weiter beim Unternehmen verbleiben möchte.
  • Bias: Ein interner Nachfolger, der seit Jahren im Unternehmen arbeitet, wird möglicherweise die bisherige Strategie und die etablierten Prozesse ohne kritisches Hinterfragen übernehmen. Ungenutzte Potenziale, die manchmal erst durch einen frischen Blick von außen erkannt werden, bleiben in diesem Fall unentdeckt und können nicht gehoben werden. Das gleiche gilt für bislang nicht erkannte Risiken, die von einem internen Nachfolger weniger wahrscheinlich entdeckt und adressiert werden.
  • Finanzierung: Leitende Angestellte oder Geschäftsführer verfügen in der Regel nicht über das nötige Kapital, um den mehrheitlichen Erwerb eines Unternehmens zu finanzieren. Entsprechend ist bei Management Buy-Outs der Kaufpreis typischerweise niedriger und beinhaltet einen oft erheblichen Loyalitätsabschlag. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn keine externen Beteiligungspartner involviert sind. Oftmals ist dann ein Verkauf nur möglich, wenn der bisherige Inhaber ein Verkäuferdarlehen an den neuen Eigentümer gewährt oder einer Earn-out-Regelung zustimmt – und dies wiederum bedeutet, dass der Verkäufer weiterhin maßgeblich im Unternehmen involviert bleibt.
  • Rollenwechsel: Nicht immer sind die besten Mitarbeiter auch gute Unternehmer. Verständlicherweise wird sich der bisherige Inhaber bei der Suche nach einem internen Nachfolger insbesondere auf die fachliche Kompetenz von Kandidaten konzentrieren. Als Eigentümer einer Gesellschaft sind allerdings neben inhaltlicher Stärke auch andere Eigenschaften gefragt: das Eingehen von kalkulierten unternehmerischen Risiken ist genauso wichtig wie die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren und harte Entscheidungen zu treffen.

Management Buy-in (MBI)

Beim Management Buy-in verkauft der Unternehmer die Firma an einen Nachfolger, der bislang nicht im Unternehmen tätig war. Dieser Nachfolger wird in der Regel nicht nur die Rolle des neuen Inhabers antreten, sondern auch als Geschäftsführer das Unternehmen leiten. Auch dieser Übergabeprozess wird häufig von einer Beteiligungsgesellschaft begleitet, um den Nachfolger bei der Finanzierung zu unterstützen.

Vorteile

  • Neue Impulse: Langjährige Mitarbeiter eines Unternehmens, auch Führungskräfte, sind über die Zeit anfällig für eine gewisse Betriebsblindheit. Dies ist besonders häufig der Fall, wenn sich das Unternehmen solide entwickelt hat. Ein externer Nachfolger hingegen wird unvoreingenommen auf Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken eines Unternehmens blicken. Somit besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass bislang nicht entdeckte Risiken adressiert und auf der anderen Seite neue Opportunitäten wahrgenommen werden, um das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.
  • Auswahl: Während bei einer internen Nachfolgersuche meist nur wenige Kanditen in Frage kommen, steht dem Inhaber bei der Suche nach einem MBI-Kandidaten eine wesentlich größere Auswahl zur Verfügung, die natürlich auch von der jeweiligen Branche abhängig ist. Selbstverständlich stehen somit die Chancen höher, einen Nachfolger zu finden, der ideale fachliche und persönliche Qualifikationen mitbringt.
  • Keine Emotionalität: Vielfach besteht zwischen Unternehmensinhaber und führenden Mitarbeitern ein enges Vertrauensverhältnis, das über viele Jahre gewachsen ist. Harte Verhandlungen werden entsprechend häufig vermieden. Beim MBI hingegen wird nur mit externen Kandidaten gesprochen. Folglich besteht keine persönliche Beziehung zum Nachfolger und Kaufpreis sowie sonstige Übernahmekonditionen können frühzeitig und mit der nötigen Konsequenz verhandelt werden. Als Resultat ergibt sich oftmals ein höherer Kaufpreis und für beide Seiten klar geregelte Vereinbarungen.

Nachteile

  • Mangelnde Branchenkenntnis: Jedes Unternehmen ist individuell positioniert und oftmals in ganz speziellen Nischen tätig. Die langjährigen Unternehmensinhaber und die Führungsmitarbeiter im Betrieb kennen somit Markt, Umfeld und Positionierung am besten. Externe Kandidaten kommen dagegen oft nicht aus der gleichen Nische und müssen sich in die Besonderheiten und das Umfeld eines Unternehmens erst einarbeiten. Das bedeutet im besten Fall nur eine überschaubare zeitliche Belastung, kann im schlimmsten Fall aber auch dazu führen, dass strategische Entscheidungen aufgrund von inkorrekten Einschätzungen und fehlenden Kenntnissen falsch getroffen werden.
  • Informationsasymmetrie: Das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmensinhaber und einem potenziellen Nachfolger muss erst aufgebaut werden. Auch nach intensiver Recherche wird der bisherige Inhaber keine vollständige Beurteilung des Nachfolgekandidaten vornehmen können – die Wahl eines Nachfolgers beinhaltet also auch einen Vertrauensvorschuss. Auf der anderen Seite wird der Nachfolgekandidat das Unternehmen, den bisherigen Inhaber und die Mitarbeiter kritisch prüfen. Idealerweise kann der Inhaber viele Fragen mit konkreten Zahlen und Fakten belegen, eine vollständige Transparenz ist aber nur selten herzustellen. Deshalb verbleibt für beide Seiten ein erhöhtes Risiko, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert.
  • Mögliche Verunsicherungen: Handelt es sich bei dem neuen Firmeninhaber um eine externe Person, ist eine anfängliche Skepsis seitens der Mitarbeiter nicht überraschend. Auch Kunden und Lieferanten werden den noch unbekannten Nachfolger zunächst mit einer gewissen Skepsis begegnen. Das bedeutet, dass Loyalität und Respekt der Mitarbeitenden sowie das Vertrauen der Kunden und Lieferanten erst wieder neu aufgebaut werden müssen. Das kostet Zeit und bindet Ressourcen, die ansonsten für wertsteigernde Initiativen verwendet werden könnten.